Einen spannenden Talk hatten wir am 18. Februar zusammen mit Silvana Buljan von Buljan & Partners. Thema des Gesprächs waren die bestehenden Herausforderungen bei der Führungskräfteentwicklung für die CX-Orientierung. Dabei geht es auch um die Führungskompetenzen, die es ermöglichen, dass Mitarbeiter kundenzentriert arbeiten.
Ein erstes Interview durften wir bereits mit Silvana führen, dort hat sie die Hintergründe zu ihrem Vortrag "5 Truths about Customer Centric Leadership" erörtert. Auf diesen Beitrag dürfen wir uns am ersten Tag der Shift/CX freuen, denn am 22. März 2021 eröffnet sie mit ihrem Impulsbeitrag die Diskussionen zu strategischem Customer Experience Management.
Wie man den Wandel nun erfolgreich gestalten kann, das möchten wir klären und daher haben wir auch im Vorfeld mit Silvana Buljan über dieses wichtige Thema gesprochen.
Der lange Weg zum Customer Experience Ansatz
Silvana Buljan ist eine international angesehene Customer Experience Expertin. Mit ihrer Beratungsgesellschaft Buljan & Partners unterstützt sie Unternehmen und Organisation europaweit auf der Reise zu mehr Kundenzentrierung. Sie beschäftigt sich seit 1997 mit dem Thema Customer Experience und kann einen spannenden Einblick in den Wandel des Themas über die Jahre geben.
Das Thema "Kundenorientierung" verortet Silvana Buljan zwar in den Wurzeln des Marketings - sieht aber auch, dass erst in den letzten 10-15 Jahren der Kunde wirklich in den Mittelpunkt der Diskussion gekommen ist. Im traditionellem Marketingansatz ging es immer darum, das Unternehmen über seine Produkte aus Kundensicht zu differenzieren. Später dann auch - wie der Ver- und Abverkauf der Produkte durch eine kundengezieltere Ansprache gefördert werden konnte. Mit dem CRM, der Konzentration auf Kundendaten und der kundenorientierten Kommunikation kam dann der logische Schritt in Richtung Customer Experience.
Während bei der tradionellen Kundenorientierung im Marketing das technische, prozessuale Vorgehen wie auch die Daten im Vordergrund standen, gilt es im strategischen "Customer Experience"-Ansatz die Emotionen des Kunden stärker in den Fokus zu nehmen. Denn Emotionen definieren die positive oder negative Kundenerfahrung - und die Kundenerfahrung beeinflusst das Kundenverhalten - in Bezug auf das eigene Kaufverhalten wie auch das Empfehlungsverhalten. Die Entwicklung hin zu einem ganzheitlichen "Customer Centricity"-Ansatz, bei dem der Kunde wirklich im Mittelpunkt jeglichen Handelns steht, ist dann die natürliche Folge für Silvana Buljan.
Rückblickend ist es natürlich nicht immer dieser Entwicklungspfad - da ja auch die digitale Transformation einiges verstärkt und hier und da ein Überspringen von Entwicklungsstufen bewirkt hat, aber ein natürlicher Wandel zeichnet sich ab. Diesem Wandel muss man sich als Unternehmen hingeben, um weiterhin erfolgreich zu bestehen.
Die großen Herausforderungen auf dem Weg zur Kundenorientierung
Im Gespräch mit Silvana Buljan konnten wir verschiedene Herausforderungen zusammentragen, die von den Organisationen auf dem Weg zu einer Kundenorientierung und einem gelebten Kundenhandeln zu lösen sind:
- Das Problem der fehlenden Kundenorientierung: Viele Unternehmen verharren noch in dem traditionellem Marketing-Grundgedanken und legen ihre Zielgruppen fest, möchten alles für den Kunden tun, agieren dadurch aber noch lange nicht kundenorientiert. Diese sehr technische Sicht gibt es weiterhin, auch wenn man von CRM spricht. Denn man muss die Beziehungen und Interaktionen, die darin stecken wirklich ernst nehmen, um im Sinne des Kunden zu handeln. Im Studium oder der Berufsvorbereitung werden aktuell noch sehr oft die klassischen Inside Out Ansätze des Marketings gelehrt. Das bedeutet, dass ein Unternehmen seine Dienstleistung oder sein Produkt anbietet, dieses vermarktet, den Preis und das Placement festlegt und sich um die Marke kümmert. Der Kunde gerät dabei aber in Vergessenheit und agiert nur als passive Entität, die das Produkt zwar kauft und bezahlt, aber bei der Ausrichtung und Bindung vernachlässigt wird. Dieser Gedanke fehlt oftmals in den Unternehmen.
- Einseitige Zieldefinitionen als Verhinderer für CX-Orientierung: Oft hapert es bei der Kundenorientierung an einseitigen Zielvorgaben für mehr Kunden und mehr Umsatz. Das CX-Thema wird dabei auf die Kundenbindung und Kundenzufriedenheit reduziert und damit in die Kostenecke gestellt. Das Entweder-Oder Denken ist in diesem Fall Quatsch. Kundenzentrierung steht dem unternehmerischen Erfolg in keinster Weise im Weg. Es gibt viele Beispiele für profitable Unternehmen, die kundenorientiert arbeiten und gerade deshalb erfolgreich sind. Aber der CX-Ansatz darf auch nicht dazu dienen Kundenorientierung einfach nur zu "inszenieren" - z.B. durch eine tolle Kampagne oder eine kundenorientierte Upselling-Kampagne. Wichtig ist CX als eine übergreifende Idee zu verstehen.
- Veränderungsdruck durch veränderte Rahmenbedingungen & der aktive Einbezug der Kunden: Leider ist es oft so, dass in guten Zeiten nur wenig Veränderungsbereitschaft vorherrscht. Und in schlechten Zeiten kurzfristige Erfolge erzielt werden müssen - Corona hat viele Unternehmen deutlich unter Zugzwang gestellt. Customer Experience erlebt dadurch gerade einen massiven Aufschwung. Um die Veränderungen aber strategisch zu untermauern, gilt es die Kunden in die Entscheidungen einzubinden. Für Silvana Buljan ist Lego hier ein Vorzeigebeispiel, wo Kunden eine aktive Rolle bekommen und das Unternehmen sehr nah an den Kunden agiert. Viele Unternehmen meinen allerdings mittels verschiedener Experten intern vorhersagen oder sehen zu können, was der Kundenstamm eigentlich möchte. Dieses Inside-out-Denken führt dazu, dem Kunden die Schuld zu geben, falls ein Produkt nicht erfolgreich ist. Die allgemeine Produktzentrierung ist an sich nicht schlecht, reicht aber nicht mehr aus.
- Führungskultur als zentraler Hebel für CX-Denke im Unternehmen: Im Gespräch diskutierten wir, ob sich Dienstleistungsunternehmen bei der CX-Orientierung leichter tun - da sie ja per se ein Unternehmen mit Dienst am Kunden sind. Silvana Buljan sieht hierzu, dass die Unternehmen je nach Interaktionsvolumen natürlich näher oder ferner an den Kunden dran sind, was aber nicht automatisch zu einer höheren Sensibilisierung für das Customer Experience Thema führt. Ein Beispiel wären Banken, denn hier gibt es innerhalb einer Branche sehr große Unterschiede bei der Kundenzentrierung. Für Silvana Buljan hat es mehr mit der Unternehmens- und Führungskultur zu tun und wie wichtig der Kunde im Gegensatz zu internen Prozessen ist. Das gleiche Bild zeigt sich auch in der Hotellerie oder Gastronomie. Im Endeffekt hat jedes Unternehmen die Aufgabe Kunden zu gewinnen, diese zu loyalisieren und dies gilt auch branchenübergreifend.
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Organisatorische Hebel für mehr Customer Experience Denke im Unternehmen
Oft ist Customer Experience nur an einer Stelle oder in einer Abteilung etabliert. Eventuell ist man schon so weit, dass die strategische Bedeutung erkannt wurde und ein CX-Manager an einer Stabsstelle für die Koordinierung eingesetzt wird. Dennoch ist es schwer für die Mitarbeiter aus der Mitte des Unternehmens heraus weiterzukommen um das kundenzentrierte Mindset zu etablieren. Wichtig ist das Outside-In-Vorgehen, also vom Kunden her in Richtung Unternehmen. Einfaches Zuhören, ein Voice of the Customer Programm, Messung der Daten und der Meinung der Kunden über das Unternehmen gehören zu derartigen Maßnahmen.
Über diese Maßnahmen können viele Daten gesammelt werden. Aber auch ein Beschwerdemanagement ist eine Möglichkeit mehr Erkenntnisse über die Kunden und ihre Erfahrungen. Wichtig sind also die Daten und daraus müssen zwangsläufig Maßnahmen abgeleitet werden, die auch umgesetzt werden. Als Unternehmen muss man wissen wo die Probleme liegen und was man dagegen tun kann. Aber auch dieses Wissen allein reicht nicht aus, die endgültige Umsetzung gehört zwangsläufig dazu. Hierfür braucht es eine überzeugte Unterstützung durch die oberste Führungsriege. Die Verankerung an oberster Stelle führt dazu, dass aus Insights Actions werden.
Für Unternehmen, die keine Unternehmensleitung in Sachen Customer Experience an der Spitze haben, kann es durchaus schwieriger werden. Aber auch hier gibt es Hebel für Bewegungen aus der Mitte heraus, damit Veränderungen angestoßen werden können. Mit einer dezentralen Organisation und hoher Eigenverantwortung für die Beteiligten, kann man vieles Delegieren und die Entscheidungsbefugnis weitergeben. So kann die Umsetzung von CX in einem Unternehmen auch klappen, wenn der CEO nicht vollständig überzeugt und dabei ist. Falls aber der CEO immer die letzte Entscheidung trifft, wird die Umsetzung schwierig. Nicht umsonst werden CX Manager auch Heroes genannt, denn die Aufgabe ist nicht einfach, braucht sehr viel Abstimmungs- und Überzeugungsarbeit.
Aber auch als CX Verantwortlicher an einer Stabsstelle hat man nicht immer die nötige Macht das Unternehmen von Grund auf zu ändern. Hier empfiehlt Silvana Buljan eine intelligente Herangehensweise. Vor allem ist es eine kulturelle und strukturelle Transformation. Das Vorgehen muss dosiert sein, denn wenn Verantwortliche alles auf einmal anpacken möchten, wird das die Organisation überfordern. Besser ist es, man pickt sich einen speziellen Touchpoint heraus, an dem Probleme vorliegen und setzt sich mit den Verantwortlichen in Verbindung. So können Verbündete ins Boot geholt und das Anliegen Schritt für Schritt vorangebracht werden.
Insgesamt sieht Silvana Buljan die Herausforderunge wie auch Hebel für mehr Kundenorientierung in der Transformation der Organisation. Unternehmen, die das Umdenken über alle Ebenen etabliert und realisiert bekommen, werden den Schritt nach vorne machen. Bis man zu dem Punkt kommt, an dem es mehr kundenzentrierte Unternehmen gibt, wird es noch dauern. Silvana Buljan meint, dass 2024 oder 2025 der Zeitpunkt gekommen sein könnte, dass es in den Unternehmen jemanden gibt, der den Hut auf hat und mit genügend Ressourcen und Budget dafür einstehen kann. Corona könnte auch hier als Beschleuniger wirken, es zeigt sich aber, dass es auch zum Gegenteil führt. Viele Unternehmen bauen CX ab, da zu hoher Kostendruck entsteht. Wenn sich keine direkten Vorteile und eine bessere Profitabilität zeigen, gibt es schnell Restrukturierungen.
Hier gilt es aufzuzeigen, dass es dem Unternehmen mit CX besser geht als ohne und hierfür gibt es auch Belege. Kundenzufriedenheit allein ist auch nicht mit Customer Experience gleichzusetzen. Empfehlungen erhält man nur durch positive Erlebnisse, aber Zufriedenheit auf Seite der Kunden reicht hierfür allein nicht aus. Insgesamt wird das Verständnis hierfür schon besser, aber die Umsetzung dauert natürlich. Wichtig ist den Weg zu gehen und mehr in Customer Journeys zu denken, die Kundenbedürfnisse zu befriedigen und die Kunden aktiv einzubinden.
Das ganze Gespräch mit Silvana Buljan kann jederzeit hier nachgeschaut werden:
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