Letzte Woche fand die zweite Ausgabe der CXvibes mit Janine Kreienbrink und Cyrill Luchsinger statt. Im Mittelpunkt standen die von unseren Experten wahrgenommenen Themen in den CX Diskussionen. Mit dem Format wollen wir einen Überblick über aktuelle Themen und Stimmungen geben. Einen ersten Status-Quo konnten wir bereits in ersten Diskussion festhalten.
Mehr Zuspruch bei den Diskussionen zum Customer Experience Management
Zu Beginn stellte sich die Frage, ob mit der aktuellen Frühlingsstimmung auch im Customer Experience Management eine Art Aufbruchstimmung aufkommt. Janine und Cyrill sehen hierzu tatsächlich vermehrtes Interesse an der fortschreitenden Diskussion zum Customer Experience Management. So meinte Janine, dass in ihren Workshops und Austauschen die Verantwortlichen nun mehr ins "Tun" kommen wollen. Auch Cyrill bestätigte, dass das Interesse und der Zuspruch für Diskussion stark zunimmt.
Auf LinkedIn werden dazu aktuell auch viele Studien diskutiert. So z.B. die Studie von Accenture und ihrem neuen Schlagwort der "Business Experience" (kurz BX). Hierbei wird das Thema über den Kunden hinausgehend betrachtet und sämtliche Veränderungsebenen berücksichtigt, die sich auf positive Interaktionen zwischen Menschen und dem Unternehmen - egal ob Mitarbeiter oder Kunden - auswirken.
Im Fokus steht immer wieder Business Case der Customer Experience
Ein verstärktes Interesse hat Cyrill auch bei dem Business Case Validierung festgestellt. Immer mehr geht es um die Business-Relevanz von Customer Experience und die Geschäftspotentiale. Customer Experience kommt dabei aus der Ecke des reinen "Kostentreibers" heraus. Cyrill selbst hat hierzu zwei Cases publiziert, einen der Schweizerischen Post und einen der Singapore Airlines. Hier sieht er jetzt aber auch das Management in der Verantwortung, diese Business Cases nicht nur einzufordern, sondern in ihre Bewertungen der Aktivitäten auch einfliessen zu lassen.
Auch Janine stellt fest, dass sich die Verantwortlichen zuwenig Zeit nehmen, sich ernsthaft in neue Ansätze hineinzudenken. So könnten Business Cases ja deutlich aufzeigen, wie z.B. die Kennzahlen im Innen- und Außendienst nicht zusammenpassen und wo anzusetzen ist, um dem Kunden zu helfen und z.B. längere Telefonate im Kundendienst nicht problematisch sein müssen.
Wirtschaftliche Folgen von Corona auch problematisch für CX-Aktivitäten
Janine und Cyrill haben auch einige problematische Entwicklungen in den letzten Wochen feststellen können. Ein Trend ist, dass die Kunden sehr schnell zweitrangig werden, wenn der Kostendruck im Unternehmen zunimmt. So bauen diverse Unternehmen Stellen ab, auch wenn sie davor händeringend nach CX-Managern gesucht haben.
Ein weiterer Punkt, der vor allem durch den Talk von Ines Imdahl deutlich wurde ist die Zerstückelung des Zusammenhangs. Es gibt immer kleinere Arbeitsschritte an einer Stelle und so geht schnell der Gesamtzusammenhang verloren. End-to-End Beziehungen werden immer weniger betrachtet, daher muss man sich hier stark machen. Vermieden werden sollten Entscheidungen, die zu schnell aufgrund von fragmentierter Einzelbetrachtungen getroffen werden.
Ein Grund für diese Zerstückelung ist auch im singulären "Touchpoint Management" sehen, denn hier fangen viele Unternehmen an, die sich mit CX beschäftigen. Unterschiedliche Abteilungen versuchen mit losgelösten Aktivitäten die "Experience" in ihrem Bereich zu verbessern. Mitunter führt dies aber nicht zu einer Verbesserung der Gesamterfahrung - sondern zu einer inkonsistener Erfahrung.
Vergleichbar wäre das mit einer Straße, die mal vierspurig, mal zweispurig und mal einspurig ist. So kann man sich das Erlebnis schnell kaputt machen, denn die Kunden realisieren, dass das Unternehmen etwas besser könnte, aber dies nicht vollständig umgesetzt wird. Dabei scheitert es auch oft, dass das Kundenfeedback oft nicht weitergereicht wird, so dass die Prozesse nicht übergreifend verbessert werden können.
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Die Customer Experience Verantwortlichen als Change Agents in den Organisationen
Janine spricht dann auch einmal die vielfach noch unzureichende Bedeutsamkeit des Themas auf Führungsebene an. Sie sieht viele leidenschaftlich engagierte CX Manager und Kundenzentrierungs-Verantwortliche, die vom fehlenden Verständnis für das Thema auf Management-Ebene ausgebremst werden. In hierarchisch organisierten Unternehmen ist die Wandlung und Durchsetzung kundenzentrierter Thematiken über die gegebenen Strukturen oft schwer. CX Verantwortliche müssen hier viel Ambivalenz aushalten.
Cyrill hebt hierbei in Person Amelie Höllersberger hervor, die ein schönes Beispiel für eine engagierte CX-Verantwortliche darstellt, die gegen die Widerstände ankämpft und das Thema voranbringt. Als Herausforderung in diesem Berufsfeld gilt es hierbei immer wieder den Mehrwert aufzuzeigen und klar zu machen, dass CX Management nicht einfach eine zusätzliche Disziplin ist, sondern in alle Prozesse eingegliedert sein sollte. Eine gute Customer Experience sollte das oberste Ziel sein, denn die Unternehmen leben von ihren Kunden. Vor allem Startups machen das vor und zeigen klassisch organisierten Unternehmen, dass man von ihnen lernen kann.
Das kundenorientierte Denken etabliert sich aber keinesfalls von selbst, CX Verantwortliche sind Change Agents mit einer aktiven Rolle. Janine betitelt CX Manager auch als Spürhunde, diese müssen die Schmerzen aufspüren, Verbündete finden und das Thema voranbringen um auch das Unternehmen voranzubringen. Hartnäckigkeit, viel eigene PR und Verbündete helfen bei dieser aktiven Rolle. Cyrill spricht von einem Beispiel aus einem Unternehmen, das die CX Stelle gestrichten hat mit der Begründung, es sein ein Selbstläufer und benötige keinen weiteren Aufwand. Tatsächlich wird aber vor allem im Service Bereich regelmäßig trainiert, was guten Service ausmacht.
Ein gutes Beispiel ist Singapore Airlines, diese investieren mehr als alle anderen in Training, denn sie haben die Markenwahrnehmung als Kapital erkannt. Das ist wie bei einem Sportler, dieser muss auch am Ball bleiben und stetig trainieren. Die Customer Experience Muskeln müssen trainiert werden. Der CX Manger ist hier meist gut aufgestellt, die Kollegen brauchen aber Hilfe beim Training. Die Haltung, dass CX einmal etabliert ist und es damit getan ist hält sich leider hartnäckig und auch viele Firmen sind dieser Überzeugung. Dies ist bisher lediglich eine Wunschvorstellung und es wäre toll, wenn es irgendwann in der Zukunft CX Management in dieser Form nicht mehr bräuchte, da alle nach den Prinzipien arbeiten.
Empfehlungen für die Projektentwicklung beim Customer Experience Management
Mit der Notwendigkeit die Veränderung im Unternehmen voranzubringen, ist auch der Projektansatz für das Thema Customer Experience zu verstehen. Hier sieht Janine viele Anknüpfungspunkte zum Lean Management und der Optimierung der Geschäftsprozessorganisation. Man muss immer wieder dran bleiben und im Loop arbeiten. Diese Methode lässt sich gut auf das CX Management anwenden.
Einen gegenteiligen Ansatz sieht Cyrill im Service Blueprint. Eine solche Blaupause ist zwar oft sehr aufwändig, aber es lassen sich damit auch gut Verbündete finden. Mit einer guten Blaupause hat man auch eine gute Soll-Vorstellung von den kundenorientierten Prozessen und diskutiert nicht im luftleeren Raum. Dafür ist natürlich ein beispielhafter Idealweg notwendig und durch stetige Veränderungen muss man hier immer wieder dran arbeiten.
Ein weiteres Hilfsmittel in diesem Kontext sind Reifegrad-Modelle wie zum Beispiel der CX Trendradar von Nils Hafner & Harald Henn oder das “Corporate Customer & User Experience Maturity Model”. Diese Modelle zeigen auf, wo die Organisationen auf ihrer Reise stehen und welche Baustellen als Nächstes aufgegriffen werden sollten.
Ausblick auf die nächsten Wochen
Zum Abschluss sprachen wir über die anstehenden Termine der kommenden vier Wochen. Hier musste unsererseits natürlich die Shift/CX angeführt werden, die vom 22. - 26. März 2021 stattfindet. In dieser Konferenzwoche sollen alle aktuellen Themen zum Customer Experience Management diskutiert werden. Die Customer Passion im New Normal, sowie die Etablierung der Kundenzentrierung als Maxime des Handelns stehen im Mittelpunkt.
Des Weiteren sieht Cyrill auch die Weiterführung der Blogparade von Daniel Renggli aus letztem Jahr als weiteren spannenden Impulsgeber. Hier werden vor allem die Themen Customer Experience und Employee Experience zusammengebracht. Zum Thema Blogparade möchte Cyrill auch seine Erkenntnisse aus dem CX Trendradar von Nils Hafner und Harald Henn zusammenführen. Außerdem stehen einige Clubhouse Talks an, denn diese bieten einen guten Raum für spannende Gespräche.
Und nächsten Monat, am 07. April 2021 gibt es die dritte Ausgabe der CXvibes. Wie immer um 17:30 Uhr live und mit neuen Themen und Entwicklungen, die es zu diskutieren gibt. Wir freuen uns auf die nächste Runde.
Hier gibt es aber erstmal noch die aktuelle Ausgabe der CXvibes zum nochmals ansehen:
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