Die "Customer Experience" ist über die letzten Jahre zu einem bedeutsamen Erfolgsfaktor für Unternehmen erwachsen. Egal ob als Kundenbindungsmaßnahme oder Entwicklungs- und Wachstumsinitiative - die systematische Ausrichtung aller Unternehmensaktivitäten entlang der Kundenerwartungen und Kundenerlebnisse ist eine wesentliche Komponente für den langfristigen Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens in der heutigen kundenorientierten Geschäftswelt.
Ein klares Verständnis vom Diskussionsgegenstand ist dabei unerlässlich, um eine differenzierte Diskussion über die Vorteile und Herausforderungen dieses Ansatzes führen zu können. Im vorliegenden Knowledge-Beitrag strukturieren wir unser Verständnis zum Gegenstand der "Customer Experience" und des "Customer Experience Managements".
Customer Experience als Hebel der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung
Der Begriff "Customer Experience" bezieht sich auf die Gesamtheit aller Erfahrungen und Erlebnisse, die Kunden mit einem Unternehmen während der gesamten Dauer ihrer Interaktion machen. Dabei spielt die Unterscheidung zwischen "Erlebnis" und "Erfahrung" eine wesentliche Rolle. Ein "Erlebnis" umfasst alle unmittelbaren psychischen Vorgänge wie Denken, Fühlen, Wahrnehmen und Empfinden, die ein Kunde in Bezug auf ein Unternehmen hat. "Erfahrung" hingegen entwickelt sich aus der Reflexion dieser Erlebnisse und bildet eine zusammenfassende Bewertung aller Interaktionen mit dem Unternehmen.
In diesem Kontext bezieht sich das "Kundenerlebnis" auf einzelne, oft emotionale Interaktionen mit einem Unternehmen, während die "Kundenerfahrung" die aggregierte Wahrnehmung und Bewertung dieser einzelnen Erlebnisse über die Zeit darstellt. Die Customer Experience erstreckt sich über sämtliche Berührungspunkte und Interaktionen eines Kunden mit einem Unternehmen und umfasst dabei sowohl die direkten Erfahrungen mit Produkten und Dienstleistungen als auch indirekte Kontakte über Marketing, soziale Medien oder Mundpropaganda.
Ein umfassendes Verständnis der Customer Experience ist entscheidend, um Kunden langfristig an ein Unternehmen zu binden, da es nicht nur die wirtschaftlichen Aspekte der Kundenerfahrung berücksichtigt, sondern auch die psychologischen Komponenten, welche die Kundenwahrnehmung und -loyalität beeinflussen. Durch die Analyse beider Dimensionen können Unternehmen Strategien entwickeln, um die Kundenerfahrung kontinuierlich zu verbessern und somit eine stärkere Bindung und Zufriedenheit der Kunden zu erreichen.
Worum geht es beim Customer Experience Management?
Customer Experience Management (abgekürzt als CEM oder CXM) definiert den strategischen Ansatz der systematischen Planung, Orchestrierung und Optimierung von (vor allem) positiven Kundenerfahrungen als Maßnahme zur langfristigen Kundenbindung. Ausgehend von der systematischen Erfassung und Analyse der Kundenerwartungen, des beobachtbaren Kundenverhaltens und des Kundenfeedback liegt der Fokus auf einem abgestimmten und konsistenten kundenzentrierten Handeln des Unternehmens über alle Kontaktpunkte hinweg.
Laut Marktforschung.de umfasst dies sämtliche Touchpoints mit einer Marke während des gesamten Customer Life Cycles sowie sämtliche Prozesse im Unternehmen, die einen Einfluss auf das Kundenerlebnis an diesen Kontaktpunkten haben. Nach Bernd H. Schmitt gehört dazu "alles, was während der Kaufentscheidung, dem Kauf selbst und dem Gebrauch für den Kunden von Bedeutung ist". Dabei ist das Ziel des CEM-Ansatzes "eine echte Beziehung zum Kunden aufzubauen und der Firma einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, der auf dem Verständnis von Kundenbedürfnissen beruht".
Die zentrale Aufgabe eines CEM-Programms ist es, die Erlebniswelt des Kunden zu analysieren, um daraus eine Strategie zu entwickeln, die es ermöglicht, attraktive Erlebnisse mit der Marke an allen Kundenschnittpunkten zu schaffen. Es geht also darum, dem Kunden einen Erlebniswert zu garantieren, und dadurch letztlich dem Unternehmen finanzielle Gewinne zu bringen. (Quelle: Bernd H. Schmitt)
Die heutige CEM/CXM-Praxis im Jahr 2023/24 versteht das Customer Experience Management zunehmend als strategisches Unternehmensentwicklungsprogramm, bei dem über die Schaffung und Erhaltung hervorragender Kundenerfahrungen eine langfristige Entwicklung des Unternehmens gefördert wird.
In diesem Kontext ist das Customer Experience Management auf der strategischen und operativen Ebene zu unterscheiden.
Customer Experience Management als strategische Unternehmensentwicklungsinitiative
Customer Experience Management wird als ganzheitliche, strategische Initiative zur Unternehmensentwicklung verstanden, weil es darum geht Prozesse, Strategien und Strukturen konsequent auf die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden auszurichten. Ziel hierbei ist, die Kundenorientierung in allen Bereichen zu verankern und so langfristige Wettbewerbsvorteile zu schaffen.
Diese Herangehensweise hat weitreichende Auswirkungen auf die gesamte Organisation und trägt maßgeblich zur Entwicklung und zum langfristigen Erfolg des Unternehmens bei. Hier sind einige Schlüsselaspekte, die CXM zu einer strategischen Unternehmensentwicklungsinitiative machen:
- Ausrichtung auf die Unternehmensziele: CXM ist eng mit den übergeordneten Zielen und der Mission eines Unternehmens verknüpft. Durch die Verbesserung der Kundenerfahrung streben Unternehmen danach, ihre Marktposition zu stärken, die Kundenbindung zu erhöhen und letztendlich ihre Umsätze und Gewinne zu steigern. Dies unterstützt die strategische Ausrichtung und das Wachstum des Unternehmens.
- Wettbewerbsvorteil: In einem zunehmend wettbewerbsintensiven Umfeld kann eine herausragende Kundenerfahrung als Differenzierungsmerkmal dienen. Unternehmen, die in CXM investieren, setzen sich von der Konkurrenz ab, indem sie nicht nur Produkte oder Dienstleistungen, sondern auch positive Erlebnisse verkaufen, die zur Kundenloyalität beitragen.
- Kundenorientierte Unternehmenskultur: CXM fördert eine kundenorientierte Kultur, die Mitarbeitende auf allen Ebenen dazu ermutigt, Entscheidungen aus der Perspektive des Kunden zu treffen. Diese kulturelle Verschiebung ist entscheidend für die langfristige Entwicklung und Anpassungsfähigkeit des Unternehmens.
- Datengesteuerte Entscheidungsfindung: CXM betont die Bedeutung von Kundenfeedback und datengesteuerten Einsichten, um Geschäftsentscheidungen zu treffen. Diese Informationen ermöglichen es Unternehmen, Prozesse zu optimieren, Innovationen voranzutreiben und auf Markttrends und Kundenbedürfnisse proaktiv zu reagieren.
- Integration und Koordination: CXM erfordert die Integration und Koordination verschiedener Abteilungen und Funktionen im Unternehmen, um ein kohärentes Kundenerlebnis zu schaffen. Diese funktionsübergreifende Zusammenarbeit ist entscheidend für die Entwicklung effizienter Prozesse und die Förderung eines ganzheitlichen Unternehmensansatzes.
- Langfristige Perspektive: CXM ist keine kurzfristige Taktik, sondern eine langfristige Strategie, die kontinuierliche Verbesserung und Anpassung erfordert. Diese langfristige Perspektive ist entscheidend für die nachhaltige Entwicklung und den Erfolg des Unternehmens.
- Finanzielle Auswirkungen: Schließlich hat CXM direkte finanzielle Auswirkungen auf das Unternehmen. Durch die Erhöhung der Kundenzufriedenheit und -bindung können Unternehmen die Kundenlebenszeitwerte erhöhen, die Akquisitionskosten reduzieren und letztendlich ihre Profitabilität steigern.
Als ganzheitliche, strategische Ausrichtung des Unternehmens gehen Veränderungen weit über die unmittelbaren Kundeninteraktionen hinaus und beeinflussen auch die internen Prozesse, die Unternehmenskultur sowie die strategische Ausrichtung des Unternehmens insgesamt. CXM erfordert somit eine tiefgreifende Transformation, die alle Bereiche des Unternehmens erfasst.
Customer Experience Management als systematische Schaffung & Optimierung positiver Kundenerfahrungen
In operativer Sicht umfasst das Customer Experience Management (CEM oder CXM) alle Anstrengungen zur Schaffung und dauerhaften Optimierung positiver und konsistenter Kundenerfahrungen und Erlebnisse über alle Berührungspunkte und Interaktionen mit einem Unternehmen.
In diesem Kontext ist zu unterscheiden zwischen Handlungsfeldern, die direkt auf das operative Ergebnis (= die realisierten Kundenerlebnisse) einwirken und solchen, die indirekt den Prozess der Ergebniserbringung koordinieren. Auf einer Meta-Ebene lässt sich das operative Customer Experience Management dabei in vier direkte und 2 indirekte Handlungsfelder strukturieren:
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Direkte CXM Handlungsfelder:
Erfassung & Analyse der Kundenerwartungen und -erfahrungen
- Ziel: Entwicklung eines tiefen Verständnisses der Kundenerwartungen und -erfahrungen
- Aktionsfelder: Erfassung und Analyse von Kundenfeedback, transaktionalen und operativen Verhaltensdaten sowie beschreibenden und charakterisierenden Kundendaten; Anwendung von deskriptiven und prädiktiven Verfahrungen, um die Kundensituation zu entschlüsseln und zukünftige Verhaltensweisen und Entwicklungen zu prognostizieren.
Design von optimierten Kundenreisen und Kundenerfahrungen
- Ziel: Gestaltung von erwünschten bzw. optimierten Kundeninteraktionen und Erlebnissen
- Aktionsfelder:Gestaltung der Kundenreisen entlang der Informations-, Kaufentscheidungs-, Nutzungs- und Complaint-Prozesse mit Hilfe von Methoden des User Experience Design (singuläres Erlebnis) und des Customer Journey Mappings (Abfolge von Erlebnissen). Taktische Ausgestaltung der zielgerichteten Interaktionsketten z.B. im Bereich des Lead Nurturing oder des Service Managements.
Aussteuerung im Interaktionsmanagement
- Ziel: Koordination der für den Kunden positiv realisierten Kundeninteraktionen
- Aktionsfelder: Aussteuerung der Kundeninteraktionsprozesse - z.B. im Customer Feedback Management ("Closing the Inner Loop") und Agenten-basierten Kundenservice, bei Conversational Agents (Text-/Voice-basierte Dialogsysteme für Kundeninteraktionen), Marketing & Service Automation Konzepten oder der Personalisierung von Touchpoint-Systemen (Websites, Apps etc)
Orchestrierung der Multi-Experience
- Ziel: Realisierung einer nahtlosen und konsistenten Kundenerfahrung über alle Prozesse und Berührungspunkte hinweg
- Aktionsfelder: Überwachung und Aussteuerung der Customer Journey mit Dashboards und CX Monitoring-Ansätzen sowie Koordination des Informationsmanagements entlang der verschiedenen Abteilungen, Dienste und Touchpoints.
Indirekte CXM Handlungsfelder
Governance der CX-Analyse/Design/Orchestrierung
- Ziel: Etablierung von Richtlinien, Verfahren und eines kundenzentrierten Denkens in der gesamten Organisation
- Aktionsfelder: Beinhaltet CX-Change Management, um die nötigen Veränderungen in der Organisation zu befähigen und zu etablieren, sowie die Festlegung von Verantwortlichkeit (Ownership) und Rechenschaft (Accountability) innerhalb der Teams.
Optimierung der CX-Ansätze
- Ziel: Kontinuierliche Verbesserung der Kundenerfahrungen und die Förderung einer kundenorientierten Unternehmenskultur
- Aktionsfelder: Veränderungen und Verbesserungen von Prozessen, die zu nicht zufriedenstellenden Erlebnissen führen ("Closing the Outer Loop"), Etablierung einer "lernenden Kundenorganisation", die fortwährend aus Kundenerfahrungen lernt und sich weiterentwickelt.
Erfolgreiches Customer Experience Management braucht ein differenziertes Verständnis
Für ein erfolgreiches Customer Experience Management ist ein differenziertes Verständnis unerlässlich. Die Unterscheidung der strategischen und operativen Gestaltungsebene hilft Customer Experience als integralen Bestandteil der Unternehmenskultur zu begreifen und in allen Unternehmensbereichen ein kundenorientiertes Handeln zu etablieren.
Eine differenzierte Betrachtung des Customer Experience Managements (CXM) ermöglicht es Unternehmen, sich eingehender mit den vielfältigen Möglichkeiten und Herausforderungen auseinanderzusetzen, die dieses Feld bietet. Durch ein nuanciertes Verständnis können Firmen spezifische Aspekte der Kundenerfahrung identifizieren und maßgeschneiderte Strategien entwickeln, um diese zu verbessern. Dieser Ansatz bietet eine gezielte Analyse, welche Elemente der Customer Experience am effektivsten optimiert werden können, um die Kundenzufriedenheit und -bindung zu erhöhen.
Gleichzeitig hilft eine solche Sichtweise, die Herausforderungen im CXM präziser zu identifizieren und zu adressieren. Unternehmen können spezifische Problemfelder innerhalb der Kundenerfahrung erkennen und gezielte Lösungsansätze konzipieren. Ob es um die Integration von Technologien, die Schulung von Mitarbeitenden oder die Anpassung von Geschäftsprozessen geht – diese Herangehensweise ermöglicht es, effektive und effiziente Maßnahmen zu ergreifen.
Kurz gesagt, ein differenziertes Verständnis des Customer Experience Managements ist nicht nur für die Optimierung einzelner Kundenerlebnisse kritisch, sondern auch für die Schaffung einer starken, kundenorientierten Marke, die langfristig erfolgreich und wettbewerbsfähig bleibt.
Quellen & weiterführende Ressourcen
- Pine, B. J., & Gilmore, J. H. (1998): Welcome to the experience economy. Harvard Business Review, 76, 97–105
- Tiffert, A. (2019): Customer Experience Management in der Praxis. SpringerGabler
- Schmitt, B. (2009): Customer Experience Management. In: Manfred Bruhn, Franz-Rudolf Esch & Tobias Langner: Handbuch Kommunikation. Gabler Verlag
- Bruhn, M., & Hadwich, K. (2012). Customer Experience - Eine Einführung in die theoretischen und praktischen Problemstellungen. Gabler Verlag.
- Gilmore, J. H. & Pine II, B. J. (2002). Customer experience places: the new offering frontier. In Strategy & Leadership, 30(4), 4-11
- Schmitt, B. (1999), Experiential Marketing. How to Get Customers to Sense, Feel, Think, Act and Relate to Your Company and Brands, New York: The Free Press.
- Schmitt, B. (2003), Customer Experience Management: A Revolutionary Approach to Connecting with Your Customer, New York: John Wiley and Sons.
- Matzler, K./Stahl, H./Hinterhuber, H. (2009): Die Customer-based View der Unternehmung In: H. Hinterhuber/K. Matzler (2009): Kundenorientierte Unternehmensführung. Gabler Verlag
- Suwelack, T. (2020): Toolbox Customer Experience, SpringerGabler
- Cladworthy, S. (2019): The Experience-Centric organization
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- Customer Experience als Hebel der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung
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- Customer Experience Management als strategische Unternehmensentwicklungsinitiative
- Customer Experience Management als systematische Schaffung & Optimierung positiver Kundenerfahrungen
- Erfolgreiches Customer Experience Management braucht ein differenziertes Verständnis
- Quellen & weiterführende Ressourcen