Unter den Leserinnen und Lesern dieses Artikels dürfte es höchstwahrscheinlich kaum welche geben, die nicht schon einmal online eingekauft haben. E-Commerce, also der elektronische Austausch von Waren und Dienstleistungen, hat – gerade durch die Covid-19-Pandemie – weiter an Bedeutung gewonnen. Während der Lockdowns ermöglichte diese Handelsform vielen Unternehmen den Zugang zu ihren Kunden aufrechtzuerhalten.
Nach Angaben der Statista GmbH wurden 2021 im B2C-E-Commerce fast 87 Milliarden Euro umgesetzt – ein Plus von rund 19 Prozent gegenüber 2020. Auch der B2B-Internethandel von Herstellern und Großhändlern ist 2021 im Vergleich zum Vorjahr um rund 31 Prozent gewachsen. Gesamtumsatz netto: 352 Milliarden Euro.
Conversational Commerce als neuer Reifegrad von E-Commerce
Nun bringen es der technologische Fortschritt und die damit verbundenen Möglichkeiten für Kunden mit sich, dass sich parallel zu dieser Entwicklung auch die Ansprüche und Erwartungen der Kunden ändern. Wer online einkaufen kann, will dies im besten Fall rund um die Uhr tun können. Dies schließt Unterstützung beim Service und Support mit ein. So, wie sich also der E-Commerce über verschiedene Reifegrade entwickelt, so verändern sich die Verhaltensweisen und Bedürfnisse von Kunden.
Die nächste Stufe im E-Commerce scheint mit dem Conversational Commerce vorherbestimmt.
„Dieser Reifegrad erscheint derzeit erstrebenswert, da die aktuellen Entwicklungen die Verkaufsbranche revolutionieren können. (…) Der Sprung zum Conversational Commerce stellt dabei keine graduelle, sondern eine fundamentale Weiterentwicklung des E-Commerce dar. Es geht dabei nicht nur um einen weiteren Touchpoint, der sprachgesteuert genutzt werden kann. Vielmehr geht es um ein neues Eco-System, das kunden- und situationsgetrieben automatisch Bestellprozesse auslöst und koordiniert.“
Blogbeitrag auf der Website der Hochschule Aalen, Institute for Conversational Business
Was ist Conversational Commerce?
Conversational Commerce ist sozusagen die Brücke zwischen der digitalen Kommunikation mit einem Kunden und dessen Online-Einkäufen. Wie der Begriff „Conversational” schon andeutet, steht hier die Kommunikation im Vordergrund. Genauer gesagt die digitalen Kanäle, die Kunden sowieso schon zur Kommunikation nutzen – nur bislang eben nicht zum Einkaufen.
Der Kundenkontakt erfolgt beim Conversational Commerce über Messaging-Apps – wie etwa WhatsApp oder Facebook-Messenger – Website-Chats, Chatbots oder Sprachassistenten. Eingekauft wird also nicht mehr über den klassischen Online-Shop, sondern in direktem Kontakt mit dem Unternehmen beziehungsweise Anbieter. Ausgelöst durch eine Interaktion mit einem Kunden, tätigen digitale Assistenten den Einkauf. Ziel von alldem ist es, eine enge Bindung von Konsumenten und Anbieter herzustellen und aufrechtzuerhalten.
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Warum Conversational Commerce schon heute bedeutend ist
Die „Global Conversational Business Study 2022” des Institute for Conversational Business an der Hochschule Aalen unter der Leitung von Dr. Peter Gentsch spricht gar von einer Revolution in der Interaktion zwischen Unternehmen und VerbraucherInnen, die der Conversational Commerce auslöse. Für die Untersuchung hatte das Institut (Live-)Chat-, Messenger- und Chatbot-Lösungen auf Basis von Umfragedaten betrachtet und bewertet. Einbezogen wurden verschiedene Branchen und Länder.
Mit Conversational Commerce habe sich in den letzten Jahren eine neue Phase des Handels entwickelt. Die Studie macht deutlich, warum diese Handelsform relevant für Unternehmen ist:
- 53 Prozent der Kunden würden eher bei einem Unternehmen einkaufen, mit dem sie über einen Chat oder eine App Kontakt aufnehmen können.
- 75 Prozent der Kunden würden tendenziell mehr Geld bezahlen, wenn sie mit der betreffenden Marke per Nachricht statt per Telefon kommunizieren können.
- 80 Prozent der befragten Unternehmen meinen, Chatbots für den Kundenkontakt bereits einzusetzen oder deren Einsatz zu planen.
- Die dem Conversational Commerce zugrunde liegenden Technologien hätten sich in den letzten Jahren stetig verbessert und einen höheren Reifegrad erreicht.
- Die Corona-Pandemie habe als Beschleuniger der Digitalisierung von Services geführt, wovon auch Chat-, Messenger- und Chatbot-Projekte profitieren könnten.
- Conversational Commerce biete eine 24/7-Erreichbarkeit und damit ein verbessertes Kundenerlebnis.
Conversational Commerce als strategisches Instrument
Zunächst eine begriffliche Abgrenzung: Conversational Business meint technische Schnittstellen, die ein neues Niveau der Kommunikation zwischen Unternehmen und Konsumenten in Apps erlauben – unterstützt von künstlicher Intelligenz.
Conversational Commerce wiederum ist ein Teil von Conversational Business. Es beschreibt Einkaufsaktivitäten von Kunden durch digitale Assistenten. Dieser Prozess findet zum Beispiel auf Plattformen, wie etwa WhatsApp oder Facebook statt. Außerdem werden Chatbots oder auch (Live-)Chats als digitale Assistenten verstanden.
Conversational Commerce, so eine wesentliche Erkenntnis der Studie der Hochschule Aalen, kann nicht rein auf ein ausgefallenes Tool reduziert werden. Vielmehr handelt es sich um ein mächtiges, strategisches und praktisches Instrument, das die externe Unternehmenskommunikation auf ein ganz neues Level hebt.
Die Vorteile von Conversational Commerce sind demnach:
- Weniger Kommunikationskosten durch das Automatisierungspotenzial künstlicher Intelligenz
- Abbau von Barrieren und so Verbesserung der Customer Experience
- Ausbau der digitalen, kommunikativen Aktivitäten in viele Bereiche, zum Beispiel Kundenservice, CRM, Vertrieb oder Beratung möglich
Conversational Commerce kann ein weiterer Baustein für digitale Verkaufsaktivitäten von Unternehmen und für eine positive Customer Experience sein. Dies gilt insbesondere für komplexe, erklärungsbedürftige Produkte und Dienstleistungen mit hohem Beratungsbedarf. Hier bietet Kommunikation in Echtzeit gerade in der Phase nach dem Kauf (zum Beispiel beim Live-Support) unbestreitbare Vorteile gegenüber einer konventionellen Onlineberatung über Kontaktformulare oder E-Mail.
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